Römer

🏛️ Das Dekumatland und die römische Geschichte des Murrtals – Grenzraum zwischen Imperium und Germanien

Die römische Geschichte des Murrtals, östlich des mittleren Neckars, beginnt etwa um das Jahr 150 n. Chr., rund 60 Jahre nach dem ersten Erscheinen römischer Truppen am Neckar. Mit der Erweiterung der Reichsgrenze und dem Bau des Obergermanisch-Raetischen Limes wurde das Murrtal Teil des Römischen Reiches – und damit Teil des sogenannten Dekumatlands (agri decumates), einem strategisch wichtigen Grenzgebiet zwischen Rhein, Donau und den Höhen des Schwäbischen Waldes.

📜 Was war das Dekumatland? Tacitus beschreibt das Dekumatland als ursprünglich von Kelten bewohntes Gebiet, das später von germanischen Sueben besiedelt wurde. Ab etwa 72 n. Chr. wurde es unter Kaiser Vespasian militärisch gesichert und in die Provinz Germania superior eingegliedert. Der Name agri decumates wird oft als „Zehntland“ gedeutet – möglicherweise ein Hinweis auf Steuerpflichten gegenüber Rom. Die genaue Herkunft des Begriffs bleibt jedoch unklar.

Quelle: https://members.tripod.com/~Linus_Gemvik/decumates.html

🛡️ Militärische Präsenz im Murr-Gebiet Der heutige Rems-Murr-Kreis und der Kreis Ludwigsburg lag vollständig innerhalb des Dekumatlands. Die 24. Kohorte freiwilliger römischer Bürger war zunächst am Neckarlimes im Kastell Benningen stationiert. Ein Weihestein aus Benningen erwähnt die vicani murrenses – die Bewohner entlang der Murr. Mit dem Ausbau des Limes wurde die Kohorte ins neu errichtete Kastell Murrhardt verlegt, das die Überwachung des bergigen und waldreichen Quellgebiets der Murr übernahm. Eine Militärstraße verband Benningen mit Murrhardt und ermöglichte schnellen Truppentransport und Versorgung.

🏠 Zivile Besiedlung und Infrastruktur Im Laufe der Zeit wurde das Gebiet zwischen Neckar und Backnang zunehmend zivil besiedelt. Es entstanden zahlreiche Gutshöfe (villae rusticae) und kleinere Dörfer (vici). Archäologisch sind im Dekumatland über 1300 Gutshöfe und rund 60 Dörfer nachgewiesen – eine ungewöhnlich hohe Dichte für ein Grenzgebiet. Besonders rund um Kirchberg an der Murr, Steinheim an der Murr, Marbach am Neckar und Benningen finden sich viele römische Gebäudereste, meist an der Südseite von Hängen, in der Nähe von Bachmündungen oder entlang kleiner Wasserläufe. Bisher konnte ich informationen über 32 römische Gebäude im Murrtal finden.(Gelbe Punkte unten in der Karte)

Neben dem Kastell Murrhardt gibt es jedoch nur wenige gesicherte Erkenntnisse über weitere römische Siedlungsstellen im mittleren Murrtal. Die Siedlungsstelle Erbstetten – Birkenwald nahe Maubach zählt nach Murrhardt zu den am besten erforschten Orten. Auch auf der Handkarte von Paulus (1876) sind einige dieser römischen Standorte verzeichnet.

📉 Niedergang und Übergang zur Alamannia Mitte des 3. Jahrhunderts brach der Limes unter dem Druck germanischer Einfälle zusammen. Die Region stand somit nur etwa 100 Jahre unter römischer Herrschaft. Zwischen 260 und 280 n. Chr. wurde das Dekumatland von den Römern aufgegeben und fiel an die Alamannen. Dennoch blieb es bis ins späte 4. Jahrhundert Ziel römischer Feldzüge – Rom beanspruchte das Gebiet weiterhin und versuchte, Einfluss zurückzugewinnen.

Quelle: Heiner Kirschmer „Die Römer um Backnang“

Quelle: https://en.wikipedia.org/wiki/Agri_Decumates

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